Warum Wildpflanzen für Balkon und Garten?

Geranien, Petunien und Pflanzenarten mit gefüllten Blüten sind attraktive Zierblumen für das menschliche Auge. Zum einen werden sie häufig mit hohem Energie- und Gifteinsatz in aller Schnelle gezogen, zum anderen sind sie für Bienen nutzlos, da sie kaum oder keinen Pollen und Nektar beinhalten oder durch die Fülle der Blütenblätter dieser für Insekten nicht mehr erreichbar ist. Bienen und andere Insekten sind auf ursprüngliche Pflanzen angewiesen.

Weiterhin bieten Samenstände beispielsweise von Flockenblumen, Wegwarte, Wilder Karde oder Sonnenblumen wiederum Vögeln Nahrung. Die Wildpflanzen an sich und später deren vertrocknete Stängel, die erst im Frühjahr zurückgeschnitten werden, dienen Insekten als Nistmöglichkeit und Winterquartier.

Im Beitrag „Es summt, brummt und zwitschert auf meinem Jenaer Balkon“ könnt ihr schauen, welch vielfältige Blütenbesucher es schon auf kleinster Balkonfläche sowohl an den Wildpflanzen als auch an Kräutern und Naschobst auf meinem Balkon gab.

Balkone, Gärten, Baumscheiben bieten Raum für naturnahe Bepflanzungen

Nicht nur die Landschaft draußen wird immer „aufgeräumter“, auch Grünflächen im Siedlungsraum verschwinden mehr und mehr zugunsten von Wohnungs- und Gewerbebau, Straßen, Parkplätzen. Oder es wird zu oft gemäht. Damit gehen zunehmend Lebensräume und Nahrungsquellen für Insekten, Vögel und andere Tiere verloren. Hier bieten beispielsweise Gärten und Balkone oder auch Baumscheiben noch ein großes Potenzial für Anpflanzungen von Wildblumen und Gestaltung weiterer Lebensraumstrukturen je nach verfügbarem Platz.

Auf dieser Baumscheibe wächst eine Wildblumenbepflanzung heran, die von Frühjahr bis Herbst blühen soll.

Vielfalt pflanzen und Nachhaltigkeit

Eine Vielfalt an Wildpflanzen ist gefragt in einem insektenfreundlichen Garten, auf einem insektenfreundlichen Balkon. Eine Kombination aus Frühblühern, Wildblumen, Wildstauden, möglichst auch Hecken, die von Frühjahr bis Herbst blühen, damit Bienen und andere Insekten das ganze Jahr über ausreichend Nahrung und Lebensraum finden. Je mehr Wildpflanzen wachsen, desto besser für die Artenvielfalt von Insekten, Vögeln und anderen kleinen Tieren.

Eine wilde Bepflanzung ist nachhaltig. Meine mehrjährigen, zum Teil immergrünen Wildblumen und Kräuter haben draußen überwintert, mit etwas Tannenreisig abgedeckt und bei strengerem Frost noch mit einem Schutzvlies. Für mich bedeutet es, dass ich nicht jedes Jahr die Kästen neu bepflanzen muss und zudem auch im Winter natürliches Grün auf dem Balkon habe.

Uns so manch vertrocknete Pflanze ist im Winter einfach eine Augenweide, wie hier auf meinem Balkon die Graukresse in der Wintersonne:

Frühblüher

Mit Frühblühern auf dem Balkon hatte ich kein so gutes Händchen. Narzissen fühlen sich in den Kästen überaus wohl, jedoch konnte ich nur kurz einen einzigen Hummelbesuch sichten. Die Traubenhyazinthen sind im Herbst erfolgreich auf die Baumscheiben umgezogen. Lediglich ein Gelbstern blühte. Die zweiblättrigen Blausterne wurden gleich von Blattläusen heimgesucht – über die Blattläuse freuten sich Kohl- und Blaumeisen, wie ich beobachten konnte.

Gold- und Frühlingskrokusse trieben nur Blätter, aber keine Blüten aus. Krokusse fühlen sich offensichtlich nicht wohl am Standort (Zu trocken bzw. zu wenig gegossen? Zu magerer Boden?). Auf den beiden Baumscheiben blühten die Krokusse wunderbar.

Als ich mich fragte “Warum Wildpflanzen für Balkon und Garten?”, schloss sich für mich die nächste Frage gleich an:

Warum überhaupt für Insekten pflanzen?

Alles ist ein ökologischer Kreislauf. Hier einige Beispiele:

Insekten – wichtige Bestäuber

Besuchen Insekten Blüten, ist dies ein Geben und Nehmen. Die Insekten sammeln nicht nur Pollen und Nektar für den eigenen Bedarf (Nahrung und Versorgung ihrer Brut), gleichzeitig übernehmen sie die Bestäubung der Blüten. Der größte Teil der Blütenpflanzen ist angewiesen auf Bestäubung durch Insekten. Ohne Bestäubung gäbe es weder Früchte noch Samen.

Insekten – Nahrungsgrundlage für Vögel und andere Tiere

Insekten und ihre Entwicklungsstadien sind wichtige Nahrungsquelle für andere Insekten selbst, für Vögel, für Fledermäuse und weitere kleine und große Tiere. Gehen Artenvielfalt und Biomasse der Insekten zurück, bedeutet dies wiederum mangelndes Nahrungsangebot für andere Tiere.

Insekten – Aasvertilger

Sicher habt ihr das Bild schon öfter gesehen, wo sich Käfer oder zig Fliegen an einem verendeten Tier tummeln. Insekten beseitigen Aas und bauen weitere biologische Masse wie Kot ab. Eine überaus hilfreiche Dienstleistung.

Insekten – Nützlinge als biologische Schädlingsbekämpfer

Wie auf meinem eigenen Balkon erlebt, stellten sich mit der Blattlausinvasion 2019 schnell Marienkäfer und Florfliegen ein, deren Larven wiederum ernähren sich unter anderem von Blattläusen. Wollläuse, Schildläuse und Spinnmilben stehen ebenfalls auf dem Speiseplan, auch beim Ohrwurm. Letzteren habe ich jedoch noch nicht auf meinem Balkon gesichtet.

Ein Siebenpunkt-Marienkäfer und ein Asiatischer Marienkäfer an der Kamille, an der einige Tage zuvor noch eine große Blattlauskolonie saß.

Tipps für weiterführende Informationen und Bezugsquellen

Warum wir Insekten so dringend brauchen, darauf wird ausführlicher im Buch „Das große Insektensterben“ eingegangen (Andreas H. Segerer und Eva Rosenkranz; oekom verlage München, 2018).

Ebenso lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Reihe “Blütenpflanzen und ihre Gäste” von Helmut und Margrit Hintermeier, wo es nicht nur um Pflanzenporträts geht, sondern zum Beispiel auch um das faszinierende Miteinander von Blüten und Insekten.

(siehe jeweils Buchtipps)

In der Broschüre (zum Download) „Deutschland summt! … Wir tun was für Bienen“ findet ihr zahlreiche nützliche Infos, u. a. zu Gartenstrukturen, geeigneten Pflanzen sowie Gärtnertipps.

Empfehlenswerte Bezugsquellen für Kräuter, Wildpflanzen und Saatgut sind z. B.

  • NaturGartenSamen aus Leipzig (samenfestes Saatgut aus eigener Vermehrung im Biogarten; für Privatgärten)
  • Gärtnerei Strickler, Kräuter- und Wildstauden in über 800 Arten
  • Lichtenborner Kräuter (Demeter)
  • Hof Berggarten (Wildpflanzen und Wildpflanzensaatgut für Blumenwiese und Naturgarten)
  • Naturgartenwelt (alles für den Naturgarten, auch Pflanzenpakete für Blumenkästen sowie Ökohum-Erde bekommt ihr hier)
  • Rieger-Hofmann, Samen und Pflanzen gebietseigener Wildblumen und Wildgräser aus gesicherten Herkünften

Den ursprünglichen Beitrag vom 19. März 2019 habe ich überarbeitet bzw. ergänzt am 19. April 2020.


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